Wasserwege und Wasserbauwerke bieten viel Geschichte


Auf den Binnenwasserwegen kann man sich nicht nur entspannt fortbewegen, sondern sie bieten viel Geschichte und manche Episode zu berichten. Oft sind die Wasserwege Jahrhunderte alt, auch wenn sie heute modern ausgebaut sind. Lassen Sie sich auch ein wenig auf deren Geschichte ein und begegnen Sie der Natur und den Wasserbauten mit Respekt. Schließlich erleben Sie mit Ihrem Boot auf dem Kanal nur einen kurzer Moment in dessen Geschichte.

Von einigen dieser Kanalbauwerke und Geschichten sollen diese Seiten ausführlicher berichten. Mit dem Hausboot kann man die Bauwerke allerdings nur teilweise erreichen.

 


Karlsgraben
Reste der Fossa Carolina bei Treuchtlingen-Graben
Fosssa Carolina
Blick über den Karlsgraben
Wasserscheiden-Brunnen
Der Wasserscheiden-Brunnen an der europäischen Hauptwasserscheide bei Treuchtlingen
Essing Ludwig-Main-Donau-Kanals
Ehemaliger Ludwig-Main-Donau-Kanal bei Essing
Schleusenwärterhaus Ludwig-Main-Donau-Kanal
Ausgebautes Schleusenwärterhaus an der ehemaligen Schleuse 12 des Ludwig-Main-Donau-Kanals
Ludwig-Main-Donau-Kanal Schleuse 12
Ehemalige Schleuse 12 des Ludwig-Main-Donau-Kanals
Main-Donau-Kanal
Schiffsverkehr auf dem Main-Donau-Kanal

Fossa Carolina, der Karlsgraben

 

Durch den Einschlag eines gewaltigen Meteoriten vor 15 Millionen Jahren wurden die geologischen Verhältnisse im Raum Treuchtlingen völlig verändert und es bildeten sich in den folgenden Millionen Jahren zwei Flusssysteme heraus. Über die Schwäbische Rezat fließt das Wasser über Main und Rhein nach Norden, während die Altmühl das Wasser in die Donau und nach Süden transportiert. Beide Wassersysteme liegen nur wenige Kilometer auseinander und werden durch eine Wasserscheide getrennt. Dies kann man am heutigen „Wasserscheiden-Brunnen“ bei Treucht-lingen-Graben „live“ erleben, indem man Wasser in beide Richtungen fließen lässt. Nach Südosten legt das Wasser 2600 km bis zum Schwarzen Meer zurück, nach Nordwesten sind es 1000 km bis zur Nordsee.

Schon zu römischer Zeit kreuzten sich in diesem Gebiet um Weißenburg und Treuchtlingen wichtige Fernstraßen, die auch im frühen Mittelalter noch genutzt wurden. Da sich per Schiff die Waren viel leichter transportieren ließen als auf dem Landweg, lag die Verbindung beider Flusssysteme nahe, zumal nur ein Höhen-unterschied von etwa 12 m zu überwinden war. Technisch war dies jedoch eine große Herausforderung, da man Kammer-schleusen damals noch nicht kannte. Die frühesten Quellen zum Bau einer solchen Verbindung weisen auf das Jahr 793. Zu dieser Zeit herrschte Karl der Große, König der Franken und Langobarden über den größten Teil Westeuropas. Für das Reich war eine durchgängige Schiffsverbindung nach Südosten von großem strategischen Vorteil, deshalb ließ Karl der Große einen Kanal zur Verbindung von Rezat und Altmühl bauen, der als Fossa Carolina (Karlsgraben) in die Geschichte einging. Über den Umfang der tatsächlichen Umsetzung gibt es heute keine gesicherten Kenntnisse. Die Beschreibungen der Chronisten werden mit dem zeitlichen Abstand umso detailreicher. Drei Kilometer lang sollte der Kanal werden, heute ist noch ein Reststück von 500 m mit seitlichen Erdwällen erhalten. Der Karlsgraben gilt als das größte technische Denkmal des frühen Mittelalters. Ob der Bau oder die Nutzung des Kanals aus politischen Gründen oder infolge technischer Probleme aufgegeben wurde, ist nicht eindeutig nachzuweisen.

Bis die erste Verbindung beider Flusssysteme tatsächlich nutzbar realisiert wurde, vergingen über 1000 Jahre. 1846 wurde der Ludwig-Main-Donau-Kanal nach zehnjähriger Bauzeit eröffnet. Auf den 177 Kilometern mussten die Schiffe 100 Schleusen passieren. Der Kanal teilte jedoch das Schicksal vieler künstliche Wasserwege dieser Zeit. Sie konnten mit der aufkommenden Eisenbahn nicht konkurrieren und wurden unwirtschaftlich. Nach der teilweisen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde er nicht wieder hergestellt. Die verbliebenen Teilstrecken sind heute ein kulturgeschichtliches Denkmal und beliebtes Ausflugsziel. Das auch ein nicht mehr nutzbarer Kanal sehr romantisch sein kann, zeigen die drei Bilder vom alten Kanal. Wer zum Ludwig-Main-Donau-Kanal ausführliche Informationen sucht, findet diese bei Hans Grüner unter www.hansgruener.de/kanal.htm

Statt dem Wiederaufbau des alten Wasser-weges begann man mit dem Bau eines neuen und leistungsfähigen Kanals. 1992 wurde der Main-Donau-Kanal fertiggestellt. Der zu überwindende Höhenunterschied von 243 m wird mit nur 16 Schleusen von bis zu 25 m Hub überwunden.

 



Die Palmschleuse am Stecknitzkanal bei Lauenburg
Die Palmschleuse des Stecknitzkanals von 1398. Sie ist die älteste Kesselschleuse Europas und war bis 1724 aus Holz.

Palmschleuse

Die Schleuse am Langen Trödel dürfte die neueste Schleuse in Deutschland sein. Die hier abgebildete Plamschleuse ist die älteste Kesselschleuse Europas. Sie stammt aus dem Jahr 1398 und hat natürlich zahlreiche Erneuerungen erfahren. Sie war Teil der Stecknitzfahrt, die eine Verbindung zwischen der Trave oberhalb von Lübeck und der Elbe bei Lauenburg ermöglichte, um den Salztransport aus Lüneburg nach Lübeck zu erleichtern. Der 11 km lange Stecknitzkanal hatte als erster Kanal Europas eine Scheitelhaltung. 1398 passierten erstmals mehr als 30 Schiffe die gesamte, 97 km lange Strecke von Lüneburg bis Lübeck. Abwärts fuhren die Schiffe mit dem Schwall der Stauschleusen, aufwärts wurden sie in 10 bis 14 Tagen getreidelt. Bis allerdings wieder genug Wasser in der Scheitelhaltung vorhanden war, konnten mehrere Tage vergehen. Die Stecknitzfahrt war fast 500 Jahre in Betrieb und wurde erst 1896 mit Baubeginn des Elbe-Lübeck-Kanals eingestellt.


Das Kahnhebehaus Halsbrücke bei Freiberg
Das Kahnhebehaus in Halsbrücke bei Freiberg

Kahnhebehaus Halsbrücke

Das älteste Senkrechthebewerk Europas und wahrscheinlich auch der Welt ist ein sächsisches Bauwerk. Es wurde bei Freiberg an der Mulde 1789 von Johann Friedrich Mende gebaut. Als Kahn-Hebehaus Halsbrücke beförderte es die Kähne mit Eisenerz aus der Grube »Churprinz Friedrich August Erbstollen« Richtung Mulde hinab. Das Hebewerk, dessen steinernes Mauerwerk noch recht gut erhalten blieb, ist Bestandteil des Projektes UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge. Der obere Kanal sowie der Stichkanal von der Mulde sind inzwischen verfüllt.

Die Erzkähne fuhren von der Mulde in das Hebewerk ein, wurden an Ketten befestigt und mit Flaschenzügen in die Höhe gezogen. Die Ketten waren an einer Laufkatze befestigt, die mit dem daran hängenden Kahn über den oberen Kanal bewegt und dort der Kahn wieder zu Wasser gelassen wurde. Das Hebewerk beförderte die etwa 2,5 Tonnen schweren Kähne 6,8 m in die Höhe. Eine ausführlichere Beschreibung liefert die Webseite der Grubenarchäologischen Gesellschaft.


Bülowportal und Heinitzportal im Museumspark Rüdersdorf
Das Bülow- und Heinitzportal im Museumspark Rüdersdorf

Bülowportal Rüdersdorf

Das man industrielle Wasserbauwerke mit nachhaltiger Gestaltung verbinden kann, zeigen die Portale der Kanaltunnel in den Rüdersdorfer Kalksteinbrüchen. Nach englischen Vorbild wurden die Abbaubereiche durch Kanäle direkt mit dem Wasser-straßennetz verbunden. Heute befindet sich der 1815/16 erbaute Bülowkanal mit dem interessanten Portal sowie das Portal des 1804 gebauten Heinitz-Kanal auf dem Gelände des Museumsparks Rüdersdorf. Ein drittes Portal des Reden-Kanals von 1820 war besonders kunstvoll. An dessen Entwürfen war auch Karl-Friedrich Schinkel beteiligt. Heute ist es verschüttet. Den Museumspark und die Portale können Sie mit dem Hausboot über die Rüdersdorfer Gewässer östlich von Berlin erreichen. Übrigens ist der Museums-park Rüdersdorf mit seinen historischen Kalkbrennöfen auf jeden Fall eine Reise wert, egal ob mit Boot oder auf anderem Weg.


Die Eisenbahn Hubbrücke Karnin am Peenestrom
Eisenbahn Hubbrücke Karnin

Hubbrücke Karnin

Die Eisenbahn Hubbrücke über den Peenestrom wurde 1933 als zweigleisige Brücke fertiggestellt und war Teil der Bahnverbindung vom Festland zur Insel Usedom. Der Vorgängerbau von 1875 war nur eingleisig mit einer handbetriebenen Drehbrücke. Zur Bauzeit der Hubbrücke war sie die modernste Eisenbahnbrücke Europas. Am 29.04.1945 wurde die Brücke bis auf das Hubteil gesprengt, das seit 1990 unter Denkmalschutz steht. Von der ursprünglich 360 m langen Brücke entfallen etwa 52 m auf das Hubteil. Dieses arbeitete nach dem gleichen Funktionsprinzip wie das Schiffshebewerk Niederfinow. Über Stahlseile mit Gegengewichten wurden die beiden Gleisteile 28 m angehoben, was etwa 3 Minuten beanspruchte. Mitte der 1930er Jahre passierten über 50 Züge täglich die Brücke. Die verkehrstechnisch sinnvolle Wiederherstellung dieser Bahnverbindung wird unter anderen durch das Aktionsbündnis „Karniner Brücke“ beworben.


Das Schiffshebewerk Niederfinow
Schiffshebewerk Niederfinow

Hebewerk Niederfinow

Nachdem der unter Friedrich dem Großen gebaute und 1746 eröffnete Finowkanal den Verkehrsanforderungen nicht mehr ge-wachsen war, begann man 1906 mit dem Bau eines Großschifffahrtsweges von Berlin nach Stettin. Neben weiteren wasserbau-technischen Spitzenleistungen überwand man den Höhenunterschied von 36 m zur Oder mit 4 Schleusen von je 9 m Hub. Die Schleusen verfügten über elektrische Treidel-lokomotiven, sodass die Schleusenzeit nur 1,5 Stunden betrug. Die Eröffnung der gesamten Strecke erfolgte 1914 durch Kaiser Wilhelm II. Der Kanal erhielt den Namen »Hohenzollern-kanal«. 1934 löste das Schiffshebewerk Niederfinow die 4 Staustufen der Schleusentreppe ab. und setzte erneut Maßstäbe im Schiffshebewerkbau und verrichtet bis heute seinen Dienst. Der Trog hat Abmessungen von 85 m Länge, 12 m Breite und 2,5 m Wassertiefe und wiegt 4.300 t. Durch das Hebewerk entstand kein Wasserverlust mehr durch die Schleusenvorgänge, und die Zeitdauer zur Überwindung des Höhenunterschieds wurde auf 20 Minuten verkürzt.

Einige weitere Bilder zum Hebewerk finden Sie hier.


Denkmal der Eisenbahnfähre bei Fürstenberg
Eisenbahnfähre Fürstenberg

Eisenbahnfähre Fürstenberg

Ein gewisses wassergeschichtliches Allein-stellungsmerkmal hat die Eisenbahnfähre an der Havel bei Fürstenberg. Sie war die einzige freifahrende Eisenbahnfähre in Deutschland. Ein pontonartiger Schwimmkörper von etwas 34 m Länge und 5 m Breite war vorn und hinten mit einem Schiffspropeller und einem Ruder ausgestattet. Für den Antrieb sorgte ein 30 PS starker Zweizylinder-Viertakt-Dieselmotor. Die Fähre konnte in beide Richtungen gleichermaßen fahren und transportierte die Güterwagons mit einer Fahrzeit von 5 Minuten über die Siggelhavel bei Fürstenberg. Die beiden Anleger bestanden jeweils aus zwei kleinen Türmen mit Seilwinde mit deren Hilfe man die Fährbrücke anhob und absenkte. Die Fähre wurde 1936 in Betrieb genommen und diente dem Munitionstransport der dortigen Munitionsfabrik. Nach dem Krieg wurde die Fähre durch die russische Armee genutzt und das Gelände diente als Panzerwerkstatt. Seit 2011 ist die Fähre an Land als technisches Denkmal aufgestellt.